Die Idee ist genial einfach: Unternehmen und Ausbildungsbetriebe in Schwerin und Mecklenburg-Vorpommern erwerben Jugendaktien und investieren damit in konkrete, grenzüberschreitende Lernprojekte. Gewinn machen so alle: Die Jugendlichen und Träger der Jugendarbeit gewinnen (finanzielle) Unterstützung und öffentliche Anerkennung. Die Förderer können ihr soziales Engagement für ihr Marketing nutzen und kommen ganz nebenbei direkt mit potentiellen Auszubildenden in Kontakt. Heike Schellig von der Schweriner Bildungswerkstatt e.V. erklärt im Interview, ob der Ansatz des Projekts Jugendaktie „Im Ausland unterwegs – Talente entdecken“ aufgegangen ist.
Eine Jugendaktie als Bindeglied zwischen Jugendarbeit und Wirtschaft, das klingt vielversprechend. Können Sie uns mehr zu dem Projekt sagen? Was war das Ziel?
Wir wollten mehr Jugendlichen mit Förderbedarf in Schwerin und Westmecklenburg die Teilnahme an Mobilitätsmaßnahmen ermöglichen, um sie so auf dem Weg in die Ausbildung oder den Beruf zu unterstützen. Denn: Die Ausbildungsbetriebe erwarten motivierte, gut vorbereitete Schulabgänger. Dabei zählen nicht allein Noten, sondern auch soft skills – wie sie zum Beispiel eine Auslandserfahrung vermittelt. Um unser Ziel zu erreichen, galt es, die internationale Jugendarbeit in der Region generell zu stärken und vor allem auch die Kooperation zwischen Jugendarbeit und Wirtschaft anzukurbeln.
Wie haben Sie das gemacht?
Zunächst haben wir eine professionelle Kommunikationsstrategie inklusive Medienkonzept entwickelt, um die Öffentlichkeit für das Thema zu sensibilisieren. Die drei Hauptzielgruppen sind erstens Akteure der Jugendarbeit und Schulen, zweitens Akteure aus der Wirtschaft und drittens fachpolitische Akteure wie zum Beispiel Jugendämter oder Unternehmerverbände. Als Kernstück der Kampagne haben wir die Informations- und Austauschplattform www.jugendaktie.de gelauncht. Hier können Jugendgruppen, Jugendinitiativen oder auch Jugendliche, die nicht Teil einer Organisation sind, ihr Mobilitätsprojekt einstellen und online für Unterstützung werben.
Das angebotene „Toolkit Unterstützermanagement für Projekte der internationalen Jugendarbeit“ hilft außerdem bei der Planung und dem Fundraising für das konkrete Projekt. Interessierte Betriebe, die über die Plattform ein geeignetes Förderprojekt finden, erwerben die entsprechenden Jugendaktien „Im Ausland unterwegs – Talente entdecken“ und leisten damit einen konkreten materiellen oder ideellen Beitrag, um die Umsetzung möglich zu machen. Ihr soziales Engagement können sie, wenn gewünscht, über ein bereit gestelltes Set von Maßnahmen – Internet, Events, Presse – öffentlichkeitswirksam kommunizieren.
Ein Beispiel: Beim Projekt Taste of Youth gingen Jugendliche aus Schwerin, Rumänien und Litauen auf Esskult-TOUR, um gemeinsam die eigene und auch fremde Esstradition und Jugendkultur zu entdecken. Unterstützung für diesen innovativen Jugendaustausch kam von vielen Seiten – zum Beispiel in Form von Lebensmitteln für die Koch-Events oder durch die Leitung eines Workshops zum ökologischen Landbau. Die Jugendlichen haben dieses Projekt aktiv mitgestaltet und so einerseits Kontakte zu potentiellen Ausbildungsbetrieben geknüpft und andererseits enorme Fortschritte in der Persönlichkeitsentwicklung gemacht.
Welche Kooperationen haben die Initiative „Jugendaktie“ getragen?
Im Lenkungsausschuss der Initiative haben der Landesjugendring Mecklenburg-Vorpommern, Eurodesk Mecklenburg-Vorpommern, das Jugendamt Schwerin, die Industrie- und Handelskammer zu Schwerin, die Agentur für Arbeit Schwerin, der Schweriner Jugendring, die Kreishandwerkerschaft und das Bildungswerk der Wirtschaft mitgearbeitet. Sie alle haben als strategische Partner die Umsetzung der Initiative unterstützt.
Inwiefern konnte die „Jugendaktie“ die Anerkennung der Bildungschancen internationaler Jugendarbeit befördern?
Für uns liegt der Gewinn klar auf gesellschaftlicher Ebene: Vertreter aus der regionalen Wirtschaft erfuhren, wie wichtig Auslandserfahrungen für die Persönlichkeitsentwicklung von jungen Erwachsen sind und welchen konkreten Nutzen Unternehmen daraus ziehen können. Und sie erhalten eine niedrigschwellige Möglichkeit, diese Projekte finanziell oder ideell zu unterstützen.
Das klingt, als wäre das Konzept aufgegangen. Ihr Resümee?
Grundsätzlich sind wir zufrieden und überzeugt: Die Kommunikationskampagne war das richtige Mittel, um die internationale Jugendarbeit zu stärken und somit letztendlich auch mehr benachteiligten Jugendlichen in Schwerin und Mecklenburg-Vorpommern den Zugang zu Mobilitätsmaßnahmen zu ermöglichen. Auch mit Ablauf des Projektes bleibt einiges erhalten: Die Marke und das Label der Jugendaktie, die Onlineplattform, die Toolbox mit Arbeitshilfen und vor allem ein breites Netzwerk an Unterstützern. Insofern hat das Konzept Potential, zukünftig auch auf andere Regionen ausgeweitet zu werden.